Frage:
Was sind die Situationen, in denen es zulässig ist, über einen muslimischen Bruder in seiner Abwesenheit zu sprechen, ohne Ghibah zu begehen?

Antwort:
Ghibah bedeutet, dass ein Muslim die Fehler und Mängel seines Bruders (und seiner Schwester in der Religion), die er nicht mag (in dessen Abwesenheit) erwähnt. Allerdings gibt es bestimmte Situationen, in denen die Gelehrten einem Muslim erlauben über seinen Bruder zum Wohle der Allgemeinheit zu sprechen.

Zu diesen Situationen gehören:

  • Gegen das Unrecht zu sprechen, was einem widerfahren ist, wie etwa dass man dem Richter oder Herrscher sagt, dass diese und jene Person Unrecht getan, indem er/sie dieses und jenes getan hat.
  • Eine Fatwa anzufragen, indem man dem Mufti sagt, dass diese und jene Person dieses und jenes getan hat; (um dann zu fragen) „Liegt er richtig oder falsch“? [1]
  • Die Muslime vor Leuten der Falschheit/des Übels (Ahl al-Scharr) und Misstrauens (ar-Riyab) zu warnen, wie Jarh. [2]
  • Um Rat zu bitten, wenn man die Absicht hat die Tochter von jemandem zu heiraten, eine Partnerschaft einzugehen, oder in der Nähe von jemandem zu Leben. [3]
  • Die Handlungen der Fasiqun, die sie in der Öffentlichkeit begangen haben. [4]
  • Jemandem in einer Art und Weise zu beschreiben, indem man nicht beabsichtigt ihn zu diffamieren, wie wenn er als Blinder, Gelähmter, Tauber und Dergleichen bekannt ist. [5]

Möge Allah uns den Erfolg gewähren. Möge der Frieden und Segen auf unserem Propheten Muhammad, seiner Familie und seinen Gefährten sein.


Das Ständige Komitee für wissenschaftliche Forschung und Rechtsurteile

Fataawa al-Lajna ad-Daima Kategorie: Spionieren, Lästern, Verunglimpfen und Beneiden; Band Nr. 26; Seite 10; Die zweite Frage des Fatwa-Nr. 10912

 

[1] Es wurde von der Autorität von A'ischah (radiAllahu anha) berichtet, dass Hind, die Frau von Abu Sufyan, zum Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte: „Abu Sufyan ist ein geiziger Mann, und er gibt mir nicht (an finanziellen Mitteln), was mir und meinem Kind genügen würde, außer wenn ich es ohne seinem Wissen nehme.“ Er sagte: „Nimm was dir und deinem Kind für das Nötigste ausreicht.“ (Bukhari und Muslim)
Imam as-Suyuti kommentierte hierzu: „Allerdings ist es vorsorglicher, die Erwähnung von Namen zu vermeiden, indem man z.B. sagt: „Was ist das Urteil über eine Person, die dieses und jenes getan hat?“ (Al-Jami` As-Saghir, 2/519, von Bayhaqi)

[2] Imam as-Suyuti sagte: „Warnung, wie z.B. das Warnen eines potentiellen Käufers, dass der Händler ein Betrüger ist, oder eines Studenten, dass sein künftiger Lehrer ein Mubtadi‘ oder ein Irregegangener ist. Ebenso die Enthüllung der Fehler der schwachen Überlieferer und Verfälscher von Ahadith.“ (Al-Jami` As-Saghir, 2/519, von Bayhaqi)

[3] Fatima bint Qais (radiAllahu anha) berichtete: „Ich kam zum Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam) und sagte ihm: ‚Abu Jahm und Mu`awiyah haben um meine Hand angehalten.‘ Er sagte: ‚Was Mu`awiyah betrifft, so ist er ein armer Mann ohne Geld, und was Abu Jahm angeht, so verlässt seinen Stock nie seine Schulter.‘“ (Bukhari, Muslim, Malik)

[4] Allerdings ist es nicht zulässig, alle seine heimlichen Sünden zu erwähnen.

[5] Imam as-Suyuti sagte: „Wenn jemand üblicherweise durch einen Spitznamen bekannt ist, wobei es bevorzugter ist, ihn auf eine andere Art und Weise zu beschreiben, wenn es möglich ist.“ (Al-Jami` As-Saghir, 2/519, von Bayhaqi)