Frage:

Was ist die Bedeutung von bid’a und was sind ihre Merkmale? Gibt es auch gute bid’as? Und was bedeutet die Aussage des Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam) „Wer eine gute Tradition (sunnah) in den Islam einführt...“?

Antwort:

Islamrechtlich definiert handelt es sich bei der bid’a um eine Form der Anbetung Allahs, die Allah so nicht vorgeschrieben hat, oder, wenn man so will, eine Form der Anbetung Allahs, die weder der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) noch seine rechtgeleiteten Nachfolger befolgt haben. Die erste Definition basiert auf Allahs Wort: „Oder haben sie Teilhaber, die ihnen als Religion verordnet haben, was Allah nicht erlaubt hat?“ (asch-schura: 21), während die zweite Definition auf der Aussage des Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam) beruht: „Für euch ist meine Sunnah verpflichtend sowie die Sunnah meiner rechtgeleiteten Nachfolger, haltet an ihr fest, ja beißt euch daran fest und seid vor Erneuerungen in den Angelegenheiten auf der Hut.“ Jeder, der Allah mit etwas anbetet, was Er nicht vorgeschrieben hat und was auch der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) und seine rechtgeleiteten Nachfolger nicht getan haben, der ist ein Erneuerer, sei es in einer Form der Anbetung, die mit Allahs Namen und Eigenschaften zusammenhängt oder mit Seinen Regeln und Gesetzen. Was aber die gewöhnlichen Dinge angeht, die der Tradition oder dem Gewohnheitsrecht folgen, so werden sie nach religiösem Verständnis nicht als bid’a angesehen, wenn auch nach linguistischem Verständnis, doch das sind nicht die Traditionen, vor denen uns der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) gewarnt hat.

In der Religion gibt es absolut keine gute bid’a, und die gute Sunnah ist die, die mit dem religiösen Gesetz in Einklang steht. Dies beinhaltet sowohl, dass der Mensch die Sunnah beginnt, dh. eine Tat als Sunnah einführt, oder sie wieder neu aufnimmt, nachdem keiner mehr nach ihr gelebt hat, als auch dass er etwas tut, was als Mittel zur Anbetung dient. Es gibt also drei Formen:

1. Sunnah wird genannt, wenn jemand eine Tat einführt, wie der Hadith belegt: „Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) rief zum Spenden für Leute auf, die zu ihm kamen und sehr arm waren. Da kam ein Mann von den Ansar mit einem schweren Beutel voller Silber und stellte ihn in das Haus des Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam), der daraufhin sagte: ‚Wer eine gute Sunnah in den Islam einführt, der wird für sie belohnt und für jeden, der sich nach ihr richtet.’“ Dieser Mann hat also eine Tat als Sunnah eingeführt, nicht aber ein Gesetz.

2. Die Sunnah, die eingeschlafen ist und dann von jemandem wieder neu belebt wird. In diesem Fall meint der Ausdruck „eine Sunnah einführen“ „wiederbeleben“, auch wenn nicht er derjenige war, der sie vorgeschrieben hat.

3. Dass man etwas tut, was als Mittel zu einer vorgeschriebenen Sache dient, wie z. B. Schulen zu bauen oder Bücher zu drucken, was ja nicht an sich selbst Gegenstand der Anbetung ist, aber ein Mittel hierzu. All dies ist Teil der Aussage des Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam): „Wer eine gute Sunnah in den Islam einführt, der wird für sie belohnt und für jeden, der sich nach ihr richtet.“ Und Allah weiß es am besten.

Schaykh Muhammad ibn al-Uthaymin, rahimahullah

Quelle: الأقليات المسلمة: فتوى حول المسلمين الذين يعيشون كأقليات - Muslimische Minderheiten: Fatawa über die Muslime, die als Minderheiten leben, Frage Nr. 18.