Frage:

Ist es erlaubt, die Khutbah (Sermon) am Freitag (Jum'ah) für die nicht-arabisch sprechenden Leute zu übersetzten, sodass sie es verstehen können?

Antwort:

Ja, sicherlich ist es erlaubt dies zu tun. Dem Prediger (Khatib) ist es erlaubt, seine Predigt auf arabisch zu halten und es in eine Sprache zu übersetzten, welche die Leute verstehen können. Denn das Hauptmerkmal der Khutba ist, die Leute zu ermahnen und ihnen die Regeln der Scharia (islamische Gesetz) beizubringen, und dies kann nie zustande kommen außer dass die Khutbah übersetzt wird.

Möge Allah uns erfolgreich machen! Möge Er uns zu dem nützlichen Wissen leiten und auf diesem basierend handeln lassen, und uns auf den Sirrat ul-Mustaqim (dem geraden Weg) rechtleiten. Er ist der All-Großzügige und All-Freigiebige.

Schaykh Abd al-Aziz ibn Baz, rahimahullah


Frage:

Unter uns gibt es eine Meinungsverschiedenheit über die Erlaubnis, die khutba zu dolmetschen, einige halten dies für zulässig, andere für verboten. Was ist das Scharia- Urteil hierzu?

Antwort:

Die Gelehrten (Allah möge ihnen gnädig sein) liegen miteinander im Streit um die Zulässigkeit, die Freitagspredigt und die khutba der beiden Feste in andere Sprachen zu übertragen. Einige der Gelehrten (r.a.) verbieten dies aus Sorge um den Erhalt der arabischen Sprache sowie aus Sorge um das Befolgen des Weges des Gesandten (a.s.) und seiner Gefährten (r.a.), indem man die khutbas auch in den nichtarabischen Ländern auf Arabisch hält. Gleichzeitig sehen sie darin einen Ansporn für die Leute, Arabisch zu lernen und zu pflegen. Andere wiederum erlauben die Übertragung der khutba in eine andere Sprache, wenn diejenigen, denen sie gilt, oder die meisten von ihnen kein Arabisch verstehen, angesichts der Aufgabe, die Allah ihr zukommen lassen hat, nämlich den Leuten Seine Ge- und Verbote verständlich zu machen, sie zu einem edlen Charakter und lobenswerten Eigenschaften anzuleiten und sie davor zu warnen, diesen Ge- und Verboten zuwiderzuhandeln. Zweifellos ist die Sorge um die Inhalte und Absichten wichtiger als die Sorge um Worte und sprachliche Zeichen, vor allem, wenn die Angesprochenen sich nicht für die arabische Sprache interessieren. In dem Fall wird eine khutba auf Arabisch sie auch nicht dazu anspornen, Arabisch zu lernen und zu bewahren. Das Ziel, warum man Arabisch beibehält, wird also nicht erreicht, und daher ist der Betrachter, der sich mit dieser Frage auseinandersetzt, der Ansicht, dass die Meinung über die Zulässigkeit einer Übertragung in die Landessprache, in der die Anwesenden denken, sprechen und verstehen, berechtigter ist. Ganz besonders, wenn eine Nicht-Übertragung zu Streit und Auseinandersetzungen führt. Zweifelsohne trägt in so einem Fall das Dolmetschen zum Erreichen einer allgemeinen Zufriedenheit und zur Ausmerzung der Spannung bei. Wenn es unter den Anwesenden nun welche gibt, die Arabisch verstehen, so ist es für den Prediger Vorschrift, beide Sprachen zu vereinen, indem er die khutba auf Arabisch hält und sie später in der anderen Sprache wiederholt. Auf diese Weise vereint er beide Interessen und der Stein des Anstoßes zwischen den Zuhörern wird beseitigt.

Viele Hinweise aus der Scharia deuten darauf hin, u. a. wie bereits erwähnt, dass der Zweck der khutba ist, den Zuhörern nützlich zu sein, sie an Allahs Rechte zu erinnern, sie zu Ihm einzuladen und sie vor dem zu warnen, was Er ihnen verboten hat. Dies wird nur durch ihre Sprache erreicht. Des weiteren gehört zu den Beweisen, dass Allah immer nur Propheten in der Sprache ihres jeweiligen Volkes gesandt hat, damit sie ihnen Allahs Willen in ihrer Sprache kundtun konnten, wie Allah sagt:
„Und wir haben keinen Gesandten geschickt, außer in der Sprache seines Volkes, damit er ihnen Klarheit gibt“ (ibrahim: 4), sowie „Eine Schrift, die Wir zu dir hinabgesandt haben, damit du die Menschen mit der Erlaubnis ihres Herrn aus der Finsternis ans Licht herausbringst, auf den Weg dessen, der mächtig und des Lobes würdig ist.“ (ibrahim: 1)

Doch wie ist es möglich, sie aus der Finsternis ans Licht herauszubringen, wenn sie Allahs Willen nicht kennen? Hieraus wird deutlich, dass das Dolmetschen dieses Willens und ihnen die Rechte Allahs zu erklären, wenn es für sie zu schwer ist, Seine Sprache zu lernen und sie zu pflegen, unumgänglich ist. Ein weiterer Hinweis findet sich in dem Befehl des Gesandten (a.s.) an Zayd Ibn Thabit, die Sprache der Juden zu lernen, damit er mit ihnen korrespondieren und ihnen den Beweis erbringen kann, wie er auch ihre Bücher las, sofern er Zugang zu ihnen hatte und dem Propheten (a.s.) ihren Inhalt erläuterte. Oder seine Gefährten (r.a.), als sie gegen die Nichtaraber, wie die Perser und Byzantiner, zu Felde zogen, welche sie nicht bekämpften, bevor sie nicht mittels Dolmetschern zum Islam aufgerufen worden waren. Und als sie die nichtarabischen Länder erobert hatten, betrieben sie unter den Einwohnern da’wa auf Arabisch und befahlen den Menschen, Arabisch zu lernen. Diejenigen, die kein Arabisch konnten, luden sie in ihrer jeweiligen Sprache ein und erklärten ihnen die Inhalte in der Sprache, die sie verstanden. Auf diese Weise wurde der Beweis erbracht und es blieb den Landesbewohnern keine Ausrede. Zweifellos ist dies ein Weg, der gegangen werden muss, besonders in letzter Zeit, wo der Islam so fremd geworden ist, wo jeder an seiner eigenen Sprache festhält und der Bedarf an dem Dolmetschen eine Notwendigkeit geworden ist, ohne die ein Prediger kein Gehör findet.

Ich bitte Allah, dass Er die Muslime an allen Orten in Einklang mit dem Recht in Seiner Religion bringt, dass sie an Seiner Gesetzgebung festhalten, dass die Autoritäten unter ihnen rechtschaffen sind und dass Er seiner Religion zum Sieg verhilft und ihre Feinde erniedrigt, Er ist wahrlich großzügig und edel.

Schaykh Abdulaziz bin Baz, rahimahullah

Quelle: الأقليات المسلمة: فتوى حول المسلمين الذين يعيشون كأقليات - Muslimische Minderheiten: Fatawa über die Muslime, die als Minderheiten leben, Frage Nr. 61.