Alles Lob gebührt Allah. Frieden und Segen seien auf dem Propheten, seiner Familie, seinen Gefährten und auf denjenigen, die seiner Führung folgen!

Dies ist ein wichtiger Rat bezüglich As-Sunan Ar-Rawatib (freiwillige Gebete, welche besonders betont und regelmäßig vom Propheten, sallAllahu aleyhi wa sallam, verrichtet wurden) und anderen freiwilligen Gebeten. Ich empfehle meinen Geschwistern im Islam, sie zu verrichten, sich an alles zu halten, was Allah verordnet hat, die Faraaid [1] einzuhalten und von den verbotenen Dingen fernzubleiben.
Die Sunnah des Propheten, sallAllahu aleyhi wa sallam, zeigt die Legitimität, As-Sunan Ar-Rawatib nach den Pflichtgebeten zu verrichten. Sie beinhalten viel Nutzen; wie der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam, sagte: „Wer an einem Tag und in einer Nacht 12 freiwillige Rakat verrichtet, dem wird ein Haus im Paradies gebaut.“

Al-Sunan Al-Rawatib umfassen 12 Rakat (Gebetseinheiten). Einige Gelehrte sind der Meinung, dass sie 10 Rakat umfassen, jedoch berichtet der authentische Hadith, dass es 12 sind und dass die Sunna-Qabliyyah (Sunnagebete, die vor den Pflichtgebeten verrichtet werden), welche vor dem Dhuhr-(Mittags-)Gebet verrichtet werden, vier Rakat sind. Aischa sagte: „Der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam, hat niemals die vier Rakat vor dem Dhuhr-Gebet ausgelassen.“

Andererseits wird von Ibn ´Umar berichtet, dass As-Sunan Ar-Rawatib 10 Rakat sind und dass die Sunna-Qabliyyah des Dhuhr-Gebets zwei sind. ´Aischa und Umm Habibah berichteten beide einen Hadith, welcher beweist, dass es vier Rakat sind. Und die Regel ist, dass etwas, worin sich jemand sicher ist, als Beweis gegen etwas genutzt wird, worin sich ein anderer unsicher ist.  

Demzufolge sind As-Sunan Ar-Rawaatib als 12 Rakat festgelegt:

  • 4 Rakat vor dem Dhuhr-Gebet und 2 Rakat danach
  • 2 Rakat nach dem Maghrib-(Abend)-Gebet
  • 2 Rakat nach dem ´Ischa(Nacht-)-Gebet
  • und 2 Rakat vor dem Fadjr-(Morgen-)Gebet


Diese festgelegten Sunnagebete haben großen Nutzen. Sie regelmäßig zu verrichten, kann ein Grund für den Einlass in das Jannah (Paradies) sein und auch ein Grund dafür, vom Höllenfeuer bewahrt zu werden; vorausgesetzt man verrichtet die Faraaid [1] und bleibt von den verbotenen Dingen fern.
Es sind freiwillige Gebete und keine Pflichtgebete. Jedoch vervollständigen sie, wie in dem Hadith angegeben, jeglichen Mangel in den Pflichtgebeten und sind ein Mittel, um Allahs Liebe zu erlangen. Diese Gebete einzuhalten bedeutet, dem Beispiel des Propheten, sallAllahu aleyhi wa sallam, zu folgen.

Daher sollte ein Mu'min genauso bestrebt sein diese Gebete einzuhalten, wie der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam. Genauso wie das Duha-Gebet (freiwilliges Gebet am Vormittag), das Tahajjud-Gebet (freiwilliges Gebet in der Nacht) und das Witr-Gebet (Gebet mit einer ungeraden Anzahl an Rakat). Daher sollte ein Muslim bestrebt sein, all diese freiwilligen Gebete zu verrichten.

Sollte jemand das Sunnagebet des Dhuhr-Gebets verpassen, lautet die korrektere Meinung, dass man diese nicht nachholen muss, wenn die Zeit dafür vorbei ist, denn wenn der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam, die Sunna Ba'diyyah (freiwilliges Gebet nach dem Pflichtgebet) des Dhuhr-Gebets verpasste, holte er sie nach dem Asr-Gebet nach. Als Umm Salamah ihn fragte, ob diese nachgeholt werden müssten, verneinte er das. Daher ist das Nachholen dieses Sunna-Gebets nach dem Asr-Gebet, eine Handlung, die ausschließlich dem Propheten, sallAllahu aleyhi wa sallam, zustand.
Was das Sunnagebet des Fadjr-Gebets angeht, so kann dieses auch nach dem Fadjr-Gebet nachgeholt werden, selbst wenn die Sonne schon aufgegangen ist. Der Beweis hierfür liegt in Ahadith, welche darauf hinweisen, dass der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam dies tat, auch wenn die Sonne schon weit aufgegangen war.

Doch die Meinung einiger Gelehrte, die Sunan Arrawatib wegzulassen, ist Fisq (ungeheuerliche Verletzung des islamischen Gesetzes). Dies ist keine begründete Meinung, sondern eher eine falsche, da diese Nafilahs (freiwillige 'Ibadah-Handlungen) sind. Also ist ein Muslim, der regemäßig seine täglichen fünf Pflichtgebete verrichtet und Sünden vermeidet kein Fasiq, sondern eher im Gegenteil ein guter, aufrichtiger Gläubiger.
Das Gleiche gilt für die Meinung einiger Fuqaha [2], die diese (Gebete) als eine Voraussetzung sehen, um aufrichtig zu bezeugen. Dies ist eine schwache Meinung und hat kein Gewicht gegenüber der überwiegenden Meinung. Ein Gläubiger, der seine Pflichten einhält und die verbotenen Dinge meidet, muss als aufrecht und vertrauenswürdig angesehen werden. Jedoch ist es eine Charaktereigenschaft eines Gläubigen, dessen Iman vollständig ist, As-Sunan Ar-Rawatib alle zu verrichten und sich auch zu beeilen, alle anderen guten Dinge zu tun. Auf diese Weise wird der Mu'min zu einem der Allah-Nahegestellten.

Es gibt drei Arten von Mu'minun:

  • diejenigen, die sich selbst unrecht tun,
  • diejenigen, die einen Mittelweg gehen und
  • diejenigen, die eifrig darin sind, gute Werke zu tun.


Allah, subhanahu wa ta'ala, sagt in Surah Al-Fatir (35:32): “Vordem gaben Wir das Buch jenen von Unseren Dienern zum Erbe, die Wir erwählten. Und unter ihnen sind einige, die gegen sich selbst freveln …“, was das Begehen von Sünden bedeutet.

Und: „und unter ihnen sind einige, die den gemäßigten Standpunkt einnehmen ...“ was heißt, diejenigen, die glauben, sich an die Pflichten halten und von den verbotenen Dingen fernbleiben.

Und: „und unter ihnen sind einige, die nach den guten Dingen mit Allahs Erlaubnis wetteifern …“ bedeutet, diejenigen, die sich anstrengen, neben den Faraaid, auch Nafilah (-Taten) auszuüben. Jene sind vom höchsten Stand. Diejenigen, die eine bescheidene Linie verfolgen, sind vom mittleren Stand und diejenigen, die sich selbst Unrecht tun, sind vom niedrigsten Stand.

Diejenigen,die Sünden begehen, sind dem Willen Allahs ausgeliefert, denn wenn jemand stirbt, während er sich selbst unrecht tut, indem er Sünden begeht, dieser ist wahrlich dem Willen Allahs ausgeliefert. Er kann solch einem entweder vergeben oder ihn bestrafen; je nachdem wie  Er es möchte. Dennoch wird so ein Sünder nicht für immer in der Hölle verweilen; eher ist es so, dass jener entsprechend seinen Sünden bestraft und danach herausgebracht wird, denn nur der Kafir wird für immer in der Hölle bleiben. Wir flehen Allah an, uns Sicherheit zu gewähren!

Der Punkt ist, dass die Sunan Ar-Rawaatib sowie andere freiwillige Handlungen der 'Ibadah, Zeichen eines perfekten Imans sind und sie sind Charaktereigenschaften derjenigen, die eifrig mit guten Taten sind.

Als der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam, über Islam gefragt wurde, definierte der Prophet ihn als die zwei Glaubensbekenntnisse, das Gebet, die Zakah, das Fasten, und die Pilgerfahrt. Der Fragesteller fragte weiter: „Muss ich noch weitere Pflichten als diese erfüllen?“ Er, sallAllahu aleyhi wa sallam, sagte: „Nein, außer das was du freiwillig darbringst.“
Das beweist, dass Al-Sunan Al-Rawatib und andere Nafilah (-Taten) alle freiwillig und nicht verpflichtend sind. Als der Fragesteller beim Weggehen sagte: „Ich werde nicht mehr als dies und auch nicht weniger als dies tun“, antwortete der Prophet, sallAllahu aleyhi wa sallam: „Er wird erfolgreich sein, wenn er wahrhaftig ist.“

Hieraus wird klar, dass die freiwilligen ('Ibadah-)Handlungen keine Bedingung dafür sind, rechtschaffen oder ein Mu'min zu sein. Eher machen diese Handlungen den Iman perfekt, führen zu großartigem Erfolg und zu doppeltem Lohn. Sie sind Mittel, um in das Jannah mit denjenigen, die Allah nahgestellt sind, einzutreten.

Wir bitten Allah uns und allen Muslimen Erfolg, Rechtleitung und ein gutes Ende zu gewähren!


Schaykh Abdul-Aziz ibn Baz, rahimahullah

Fataawa von Ibn Baz, Band 11, Das Buch des Gebets



[1] Plural von Fard = verpflichtende 'Ibadah (Gottesdienstliche Handlung)

[2] Plural von Figh-Gelehrter; Figh ist die Wissenschaft über die Rechtsvorschriften der Scharia (al-ahkām asch-scharʿiyya)