Ibn Qudaamah (rahimahullah) sagte: „Was mit dem 'Verhindern einer Heirat' gemeint ist, ist eine Frau daran zu hindern einen fähigen Mann (Anmerk. d.h. gläubigen Mann mit gutem Charakter) zu heiraten, mit dem sie einverstanden ist und wenn beide Seiten einander heiraten wollen.

Al-Ma’qil ibn Yasaar sagte: „Eine meiner Schwestern heiratete einen Mann, dann schied er sie. Als ihre ‘Iddah (Wartezeit nach der Scheidung) beendet war, kam er, um (erneut) um ihre Hand anzuhalten und ich sagte zu ihm: ‚Sie heiratete dich, war mit dir intim und ehrte dich, danach schiedst du sie und jetzt kommst du, um sie wieder zu heiraten! Nein, bei Allaah, sie wird niemals zu dir zurück kehren.‘ Er war ein Mann, mit dem nichts verkehrt war und sie wollte zu ihm zurückkehren. Daraufhin offenbarte Allaah, erhaben ist Er, folgende Aayah:

{فلا تعضلوهن}

„(Und wenn ihr euch von Frauen scheidet und sie dann ihre festgesetzte Zeit erreicht haben), so haltet sie nicht davon ab, (ihre Gatten zu heiraten, wenn sie sich in rechtlicher Weise miteinander geeinigt haben.)” (Surah al-Baqarah 2:232)
Ich sagte: Jetzt werde ich es tun, oh Gesandter Allaahs! Er sagte: Also verheiratete er sie mit ihm.“ (Al-Bukhaari)

Dies gilt, wenn sie mit einer Mahr wie die ihrer Freundinnen oder für weniger heiraten will. Dies ist die Ansicht von Asch-Schaafa’ii, Abuu Yuusuf und Muhammad.

Wenn sie also eine bestimmte Person, die fähig ist, heiraten will, und wenn ihr Waly sie mit einer anderen Person verheiraten will, die auch fähig ist, und wenn er sich weigert, sie mit der Person, die sie heiraten will, zu verheiraten, dann hindert er sie daran zu heiraten.
Aber wenn sie jemanden heiraten will, der nicht fähig ist, dann hat er das Recht, sie daran zu hindern und dann zählt er nicht zu dem Waly, der sie mutwillig daran hindert zu heiraten.“

Quelle: Al-Mughni 9/383


Schaykh Ibn ‘Uthaymiin sagte: „Wenn der Wali (Vormund) sich weigert, die Heirat seiner Schutzbefohlenen mit einem Kandidaten, der fähig ist, im Sinne von religiösem Engagement (Diin) und gutem Charakter (Akhlaaq), zu arrangieren, dann geht die Vormundschaft über zum nächsten männlichen (muslimischen) Verwandten väterlicherseits, danach zum nächsten Verwandten. Wenn diese sich auch weigern, ihre Heirat zu arrangieren, wie dies üblicherweise geschieht, dann geht die Vormundschaft über zum Schari’a-Richter und der Schari’a-Richter muss die Heirat der Frau vollziehen. Wenn ihm solch ein Fall vorgetragen wird und wenn er weiß, dass die Vormünder der Frau sich weigerten, ihre Heirat zu vollziehen, dann ist er verpflichtet, ihre Heirat zu vollziehen, weil er die allgemeine Vormundschaft besitzt, im Falle dass die Familienvormundschaft nicht erreicht werden konnte.

Die Fuqahaa’ (möge Allaah mit ihnen barmherzig sein) haben bestimmt, dass, wenn der Waly (Vormund) wiederholt fähige Bewerber ablehnt, er in Folge zum Faasiq (Sünder) wird. Er wird dann nicht mehr länger als von gutem Charakter angesehen und seine Vormundschaft erlischt. Gemäß der gut bekannten Ansicht von Imam Ahmad ist er nicht mehr länger qualifiziert, Gebete zu leiten und es ist für ihn nicht gültig eine Gruppe von Muslimen im Gebet zu leiten. Dies ist eine ernste Angelegenheit.

Wie wir oben ausgeführt haben, so lehnen manche Menschen die Bewerber ab, welche um die Hand von Frauen anhalten, über die Allaah ihnen die Vormundschaft gegeben hat, und das, obwohl diese Bewerber fähig sind, jedoch mag das Mädchen zu schüchtern sein, zum Qaadin (Richter im islamischen Land) zu gehen, um ihn zu bitten, ihre Heirat zu arrangieren. Dies ist etwas, das wirklich passiert. Diese Frauen jedoch sollten die Vor- und Nachteile abwägen und schauen, was schlimmer ist: ohne Ehemann bleiben und den Vormund, der sie zum Narren hält und der sich nicht um sie kümmert, ihr Leben kontrollieren lassen und wenn sie alt ist und kein Verlangen mehr nach einer Heirat hat, sich dann von ihm verheiraten lassen oder zum Qaadin gehen und ihn bitten, sie zu verheiraten, welches ihr Schar’iah-recht ist.
Zweifellos ist die zweite Alternative vorzuziehen, welche ist, zum Qaadin zu gehen und ihn zu bitten, ihre Heirat zu arrangieren, weil dies ihr Recht ist und weil diese Aktion (indem sie zum Qaadin geht und ihre Heirat arrangieren lässt) auch im Interesse anderer Frauen ist, weil dann andere Frauen auch zu ihm gehen werden, so wie sie gegangen ist und weil ihr Gang zum Qaadin ein Tadel an die Übeltäter ist, welche den Frauen, die Allaah unter ihre Vormundschaft gelegt hat, Schaden zufügen, indem sie sich weigern, sie an fähige Bewerber zu verheiraten. Dies dient also drei Interessen:

  1. Den eigenen Interessen der Frau, damit sie nicht ohne Ehemann bleibt
  2. Den Interessen anderer, weil dies die Tür für andere Frauen öffnet, die auf jemanden warten, der ihnen mit gutem Beispiel vorangeht
  3. Das Abhalten der ungerechten Vormünder, welche die Leben ihrer Töchter und die anderer Frauen, welche Allaah unter ihre Vormundschaft gelegt hat, auf der Basis ihrer Lüste und Launen beherrschen

Es dient auch dem Zwecke den Befehl des Gesandten Allaahs (sallallahu alayhi wa sallam) zu etablieren, welcher sagte:

{إذا أتاكم من ترضون دينه وخلقه فأنكحوه إلا تفعلوا تكن فتنة في الأرض وفساد كبير.}

„Wenn euch der Heiratsantrag (eines Mannes) überbracht wird, mit dessen Diin (Religon) und Akhlaaq (Charakter) ihr zufrieden seid, dann schließt die Ehe. Tut ihr dies nicht, dann wird es Fitnah (Versuchung) auf der Erde geben und große Korruption.“ (At-Tirmidhi, an-Nikaah, 1004; als hasan von al-Albani in ‚Sahih Sunan al-Tirmidhi‘, Nr. 865 eingestuft.)

Und es dient einem spezifischen Interesse, welches es den Männern, welche passend im Sinne von religiösem Einsatz und gutem Charakter sind, leicht macht, um die Hand von Frauen anzuhalten, die zu ihnen passen.“ (Fataawa Islaamiyyah 3/148)

Und Schaykh Ibn ‘Uthaymiin sagte: „Wenn ein Vater seine Tochter daran hindert, jemanden Fähiges zu heiraten, dann geht die Vormundschaft über zum nächsten männlichen Verwandten, dann zum nächsten Verwandten, dann zum nächsten.“

Quelle: Fataawaa Islaamiyyah, Teil 3, S. 149


{وَلَا تَعْضُلُوهُنَّ}

„Und drangsaliert sie nicht” (Surah An-Nisaa 4:19) wird von Ibn Qudaamah, folgendermaßen interpretiert: „Eine Frau davon abzuhalten, jemanden Fähiges zu heiraten, wenn sie ihn heiraten will und wenn beide sich heiraten wollen.” (Al-Mughni, Band 7, S. 24)


{فَلَا تَعْضُلُوهُنَّ أَن يَنكِحْنَ أَزْوَاجَهُنَّ إِذَا تَرَاضَوْا بَيْنَهُم بِالْمَعْرُوفِ}

„so haltet sie nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten, wenn sie sich in rechtlicher Weise miteinander geeinigt haben.” (Surah al-Baqarah 2:232)

Al-Mirdaawii sagte: „Die Phrase: ‚Wenn der nächste männliche Verwandte sie davon abhält zu heiraten, dann übernimmt der weiter entfernte Verwandte ihre Vormundschaft in Bezug auf die Heirat’ ist die korrekte Ansicht in der Madhhab; die meisten unserer Gefährten teilen diese Ansicht … Schaykh Taqiyy-ud-Diin (rahimahullaah) sagte: „Eine der Formen der Drangsalierung ist, wenn niemand um ihre Hand anhält, wegen der Drangsalierung ihres Vormunds.” (Al-Insaaf, Band 5, S. 74)


Schaykh al-Islaam Ibn Taymiyah sagte: „Wenn sie einen Mann mag und er passend (Anmerk. fähig, im Sinne von guter Diin (Religion) und Akhlaaq (Charakter)) für sie ist, dann ist es für ihren Bruder oder ihren väterlichen Onkel verpflichtend als ihr Vormund in Bezug auf ihre Heirat mit ihm zu fungieren. Wenn diese sie drangsalieren und sie davon abhalten zu heiraten, dann muss ein weiter entfernter männlicher Verwandter sie mit ihm verheiraten.” (Al-Fataawaa al-Kubra, Band 3, S. 83)


Ibn Qudaamah sagte: „Wenn ihr nächster männlicher Verwandter sie drangsaliert (indem er sie davon abhält zu heiraten), dann geht die Waly-schaft (Vormundschaft) über zu jemandem, der weiter entfernt verwandt mit ihr ist. Dies wurde von Ahmad bestätigt…” (Al-Mughni, Band 7, S. 24)

Und er sagte: „Wenn eine Frau keinen Vormund (Waly) hat und wenn es keinen Herrscher gibt, dann wird von Ahmad überliefert, dass ihre Heirat von einem charakterfesten Mann mit ihrer Erlaubnis arrangiert werden soll. (Al-Mughni, 9/362)


Schaykh al-Islam Ibn Taymiyah (rahimahullah) sagte: „Wenn es keinen Verwandten gibt, der als ihr Vormund agieren kann, dann geht die Stellung des Waly über auf denjenigen, welcher am besten dazu geeignet ist unter denjenigen, die irgend eine Art der Autorität in Angelegenheiten außerhalb von Eheschließungen inne haben, wie der Verantwortliche eines Dorfes, der Führer einer  Karawane usw.“ (Al-Ikhtiyaaraat, S. 350)


Anmerkung: Der Prophet (sallallahu alayhi wa sallam) sagte:

{لا نكاح إلا بولي}

„Es gibt keine Heirat ohne Waly (Vormund).” (Abu Dawud (2085); al-Tirmidhi (1101); Ibn Majah (1881) von Abu Musa al-Asch’ari; als sahih von al-Albaani in Sahih al-Tirmidhi eingestuft.)

Und der Prophet (sallallahu alayhi wa sallam) sagte:

{أيما امرأة نكحت بغير إذن وليها فنكاحها باطل ، فنكاحها باطل ، فنكاحها باطل . . . فإن اشتجروا فالسلطان ولي من لا ولي له}

“Jede Frau, die ohne Einverständnis ihres Waly heiratet, deren Heirat ist ungültig, deren Heirat ist ungültig, deren Heirat ist ungültig … und wenn es Differenzen gibt, ist der Herrscher (Anmerk. eines islamischen Landes) der Waly derjenigen, welche keinen Waly hat.” (Ahmad (24417); Abu Dawud (2083); al-Tirmidhi (1102); als sahih von al-Albaani in Sahih al-Jaami’ (2709) eingestuft.)

 Übersetzt von Umm Sayfullaah