Frage:
Was ist das Urteil über das, was als „geistiges Eigentum“ (Copyright) bekannt ist?
Ich frage, weil ich eine Webseite betreibe, auf der ich meine Übersetzungen der Fataawa von einigen der Gelehrten und ihrer Schüler veröffentliche. Ebenfalls biete ich zu den Übersetzungen notwendige Informationen, indem ich Fußnoten/Anmerkungen hinzufüge, die zu den erwähnten Quran-Ayat verweisen, den verwendeten Ahadith-Quellen, und andere Anmerkungen, die zum Verständnis der Übersetzung notwendig sind.
Darüber hinaus veröffentliche ich die religiösen Urteile oder Artikel nur nach Erteilung der Genehmigung der Quelle. Haben andere das Recht das zu nehmen, was ich auf meiner Webseite veröffentliche, um es dann auf ihren eigenen Webseiten zu veröffentlichen?
 
Antwort:
Dies ist ein Beispiel für ein Problem, das erst vor kurzem in diesem Jahrhundert aufgetreten ist. Es ist als „Al-Huquuq al-Fikriyyah“ oder „Al-Huquuq al-Ma’nawiyyah“ („Rechte an geistigem Eigentum“ oder „Urheberrechte“) bekannt.

Was aus den Worten der Leute des Wissens ersichtlich ist, jene, die sich mit diesem Thema auseinander gesetzt haben, ist, dass dies ein erworbenes Recht ist, welches dem Schriftsteller, Übersetzer, oder demjenigen, der jegliche Art von Dienstleistung bietet, zusteht. Er besitzt legaler Weise das Recht an der Arbeit, die er getan hat. So haben andere nicht das Recht, von ihm, von der Arbeit, die er getan hat, wozu er sich abgemüht und womit er sich beschäftigt hat, was er geleistet hat und auf seiner Webseite veröffentlicht hat, zu zitieren. Niemand hat das Recht, dies von seiner Webseite ohne den Bezug zu ihm zu nennen und ohne seine Erlaubnis, zu entnehmen. Da dies eine Art Verletzung der Rechte anderer ist.

Doch einige der Leute des Wissens haben auf etwas anderes hingewiesen: Dass es eine gewisse Nachsicht geben sollte, wenn es um Angelegenheiten der Diin oder der Schari’ah geht, denn so profitiert eine größere Anzahl von Menschen davon, und es gibt Bedingungen hierfür:

  1. Jeden Punkt des Nutzens seiner Quelle zuschreiben;
  2. Die Erfüllung, jemanden vertrauenswürdig und präzise zu zitieren, und die richtige Bezugnahme auf die zitierte Quelle;
  3. Die Genehmigung (des Anbieters des Verlangten Materials), wenn möglich, zu erfragen und zu erhalten, und sich dabei die islamischen Manieren des Um-Erlaubnis-Bittens zu Nutzen zu machen.

Die Bedeutung dieser Aussagen der Gelehrten ist, dass wir nachsichtig sein sollten, wenn es zu einer finanziellen Entschädigung auf Materialien in Bezug auf die Rechte des geistigen Eigentums (Urheberrechte) im Zusammenhang mit der Religion kommt.
Genau genommen ist dies eine Betrachtungsweise, und Schaykh Saalih Al-Hussain, der leitende Vorsitzende der Haramayn (Masjid al-Haram und Masjid an-Nabawi), hat dieses Thema in einem feinen Teil der Forschung hervorgehoben, die sich mit den Fiqh-Urteilen dieser Angelegenheiten beschäftigt. Auch wurden zuvor andere Forschungen in diesem Bereich von Dr. Fat’hi Ad-Durayni gemacht. Er erforschte die Angelegenheit im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum (Urheberrecht). Es gibt auch eine Reihe anderer geschriebener Dinge zu diesem Thema, und alle von ihnen schlussfolgern, dass:

  1. Rechte an geistigem Eigentum und Urheberrechte sind legitim und Besitz des Forschers, Arbeiters oder Übersetzers;
  2. Es ist nicht akzeptabel diese Rechte zu verletzen;
  3. Gibt es finanzielle Vorteile in Bezug auf diese Arbeit, dann ist er mehr dazu berechtigt als jeder andere;
  4. Niemand darf seine Arbeit nutzen, außer nach Erhalt seiner Erlaubnis, und sie müssen dann alles präzise übermitteln, und den es (den Inhalt) an den Besitzer verweisen;
  5. Andere dürfen es nur auf eine Weise veröffentlichen, mit welcher der Eigentümer (des urheberrechtlich geschützten Materials) zufrieden ist.

Dies ist was ich über diese Angelegenheit weiß, und Allah weiß es am besten.


Frage:
Wie verfahren wir mit jemandem, der urheberrechtlich geschütztes Material vom Eigentümer übernimmt und auf seine Webseite stellt, ohne den Link oder die Quelle dazu anzugeben?

Antwort:
Die Antwort dazu ist in dem zu finden, was ich bereits erwähnt hatte (siehe oben). Dies ist eine Verletzung des Rechtes des geistigen Eigentums (Urheberrechts) seines muslimischen Bruders. Sein Handeln ist gleichartig eines Diebstahls, da es Diebstahl geistiges Eigentums (Copyrights) ist. Ein Diebstahl ist in der Schari'ah definiert als das Entwenden von Sachen, die mehr Wert sind als ein Viertel Dinar.

Ich sage, dass es demjenigen, welcher die Sachen übernommen hat, obliegt, diese (von seiner Seite) zu entfernen und sie nicht wieder zu veröffentlichen, bis er um die Erlaubnis des Eigentümers (zur Verwendung des Materials) gebeten, und dessen Genehmigung erhalten hat.
Und wenn er sich die Freiheit nimmt, Veränderungen an dem Material vorzunehmen, und mit Betrug [1]gehandelt hat, so hat er ein Verbrechen gegenüber dem Eigentümer begangen. Er hat die Rechte seines Bruders verletzt, welcher sich die Übersetzungs-Arbeit machte, und Fußnoten/Anmerkungen anfügte. Er hat eine unerlaubte Handlung begangen. Und es besteht kein Zweifel, dass die Leute des Wara', die Leute der Religion, die Leute der Taqwaa bemüht darin sind, auf einer Weise zu handeln, mit der Segen (Baraka) erreicht wird. Und der Segen wird nicht auf diesem (unzulässigen) Wege erlangt. Wenn also Informationen auf dieser Weise erlangt worden sind, ist jeglicher Segen ausgeschlossen.

Der Gesandte (sallallahu alayhi wa sallam) sagte (sinngemäß) über den Kauf und Verkauf (d.h. den Handel): „Die beiden Parteien in einem Verkauf haben die Wahl (, den Verkauf abzuschließen oder abzubrechen), solange sie sich nicht voneinander getrennt haben. Wenn sie wahrhaftig sind und jedes Detail erwähnen, wird ihr Handel gesegnet. Aber wenn sie lügen und Details verschweigen, wird der Segen ihres Handels erlöschen." [2]

Wenn dies also im Rahmen des weltlichen Handels gilt, wie sieht es dann mit dem geistigen Eigentum  aus, welches über die Religion, die Da'wah und die Schari'ah handelt?!

Es gibt keinen Zweifel, dass der Segen in so einem Handeln mangelhaft oder völlig erlöschen wird. Und die frühen Leute des Wissens (rahimahumullah) sagten, wie es von Abu Ubayd al-Qasim ibn Sallam und anderen überliefert wurde: „Es ist vom Segen (Barakah) des Wissens, Aussagen auf Leute zurückzuführen, die sie getätigt haben."
Wenn du also von jemandem Nutzen erlangt hast, sagst du: „Von diesem Nutzen wusste ich nichts und ich habe darüber von So-und-So gelernt", oder: „So-und-So hat mich diesen Nutzen gelehrt".

Wenn das also der Fall ist, was sagst du über jemanden, der die harte Arbeit von einer anderen Person übernimmt, woran sie Monate, lange Tage und mehrere Stunden gearbeitet hat, und er nimmt diese Arbeit genauso wie sie ist und fügt sie in seine Website ein, ohne Bezug oder Erwähnung des Besitzers jener Arbeit?
Ist so etwas erlaubt? Geziemt sich so etwas?
Die Antwort ist offensichtlich: Es ist nicht erlaubt und er hat etwas getan, das schleunigst folgende Dinge erfordert:

  1. Taubah für diese Aktion machen (Anm. Die Bedingungen der Reue (Taubah));
  2. Sich beim Besitzer des Copyrights entschuldigen;
  3. Dessen Erlaubnis (zur Veröffentlichung des Materials) ersuchen.

Es obliegt dem Besitzer des Copyrights mit seinem Bruder kooperativ zu sein, da er vielleicht unwissend war oder nach seinen Emotionen gehandelt hat und dieser Sache keine Beachtung geschenkt hat. Dann obliegt es ihm gütig und kooperativ mit ihm zu sein.
Und es obliegt uns allen hart daran zu arbeiten den Menschen diese Angelegenheiten zu lehren. Und jede Person sollte die Rechte der anderen respektieren, damit so ein Fall nicht geschieht, weil es ein Verstoß gegen die Rechte (der Menschen) ist. Islam ruft zur Bewahrung solcher Rechte auf um sie zu erhalten und nicht zu übertreten oder solche Untaten zu verüben. Und Allah weiß am besten.
    

Shaykh Muhammad ibn Umar Bazmul (Professor an der Umm Al-Quraa Universität in Makkah), hafidhahullah

Aus einer Audioaufnahme des Shaykhes

Quelle: bakkah.net aus einer Kassetten-Aufnahme mit dem Wissen und der Erlaubnis des Schaykhs ins englische übersetzt, Datei-Nr.: AAMB080, Datum: 01.08.1424. n.H.


[1] Der Betrug {تَدْلِيس} zu dem hier Bezug genommen wird, ist die Beseitigung des Namens des ursprünglichen Autors oder Übersetzers und die Behauptung, dass derjenige, der das Material übernahm, dies tatsächlich verfasst oder übersetzt hätte.

[2] Ein authentischer Hadith über Hakim ibn Hizaam (radiya-llahu anhu) gesammelt von Bukhari, Nr. 2079, 4/380-381 von ‚Fat-hul-Baarii‘; Muslim, Nr. 3836, 5/416 von ‚Scharh An-Nawawi‘; und anderen.

Anmerkung: siehe auch folgende Ahadith:

{المسلمون على شروطهم}

„Muslime sind an ihre Bedingungen gebunden." (At-Tirmidhi 1352 - Sahih Hadith laut Sheikh Albani)

{لا يحل مال امرئ مسلم إلا بطيبة من نفسه}

„Der Besitz eines Muslims ist verboten (zu nehmen) es sei denn, (er gibt ihn) willentlich.“ (Ahmed ibn Hanbal, Musnad, Band 5, S. 73)

Und er (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte auch: {من سبق إلى مباح فهو أحق به}

„Wer immer eine erlaubte (mubah) Sache tut, die noch von niemandem anderen getan wurde, so gehört sie ihm.“ (Al-Bukhari, At-Tarikh al-Kabiir, Band 2, S. 62, Nr. 1690; Abu Dawud, Band 3, S. 453, Nr. 3071; at-Tabarani, Band 1, S. 280, Nr. 814; uvm.)

Siehe auch: Verletzung des Copyrights (Urheberechts) ist verboten