Definition

Die Gelehrten definieren {دَيْن} „Dayn“ als Verpflichtung, die erfüllt werden muss, wie es in ‚Al-Mawsu’ah al-Fiqhiyyah‘ (21/102) heißt. Die linguistische Bedeutung des Wortes „Dayn“ (Schuld) im Arabischen hat mit Unterwerfung und Erniedrigung zu tun. Die Verbindung zwischen der Schari’a-bedeutung und der linguistischen Bedeutung ist klar. Der Schuldner ist ein Gefangener, wie der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte:

{إِنَّ صَاحِبَكُمْ مَأْسُورٌ بِدَيْنِهِ}
"Euer Gefährte ist durch seine Schulden gefangen.” (Überliefert von Abu Dawud, 3341; als Hasan von al-Albani in Sahih Abi Dawud eingestuft.)

 

Die Ernsthaftigkeit von Schulden und der Aufruf sie soweit möglich zu vermeiden

Es wurde von ‘A’ishah (radiAllahu anha) berichtet dass der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) in seinem Gebet gewöhnlich sagte:
{اللَّهُمَّ إِنِّي أَعُوذُ بِكَ مِنَ الْمَأْثَمِ وَالْمَغْرَمِ}

“Allaahumma inni a’uudhi bika min al-ma’thami wa’l- maghrami“.

„O Allah, Ich suche Zuflucht bei Dir vor der Sünde und schweren Schulden.”

{.فَقَالَ لَهُ قَائِلٌ : مَا أَكْثَرَ مَا تَسْتَعِيذُ مِنَ الْمَغْرَمِ ؟! فَقَالَ : إِنَّ الرَّجُلَ إِذَا غَرِمَ [أي : استدان] حَدَّثَ فَكَذَبَ ، وَوَعَدَ فَأَخْلَف}
Jemand sagte zu ihm: “Wie oft suchst du Zuflucht vor schweren Schulden!” Er sagte: “Wenn ein Mensch in Schulden gerät, spricht er und lügt dabei und er macht Versprechen und bricht sie.” (Überliefert von al-Bukhari (832) und Muslim (589))

Al-Nasaa’i (4605) berichtet dass Muhammad ibn Jahsh (radiAllahu anhu) sagte:

{نَّا جُلُوسًا عِنْدَ رَسُولِ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ فَرَفَعَ رَأْسَهُ إِلَى السَّمَاءِ ، ثُمَّ وَضَعَ رَاحَتَهُ عَلَى جَبْهَتِهِ ثُمَّ قَالَ : سُبْحَانَ اللَّهِ ! مَاذَا نُزِّلَ مِنَ التَّشْدِيدِ ؟ فَسَكَتْنَا وَفَزِعْنَا ، فَلَمَّا كَانَ مِنَ الْغَدِ سَأَلْتُهُ : يَا رَسُولَ اللَّهِ ، مَا هَذَا التَّشْدِيدُ الَّذِي نُزِّلَ ؟ فَقَالَ : وَالَّذِي نَفْسِي بِيَدِهِ ! لَوْ أَنَّ رَجُلا قُتِلَ فِي سَبِيلِ اللَّهِ ثُمَّ أُحْيِيَ ، ثُمَّ قُتِلَ ، ثُمَّ أُحْيِيَ ، ثُمَّ قُتِلَ ، وَعَلَيْهِ دَيْنٌ مَا دَخَلَ الْجَنَّةَ حَتَّى يُقْضَى عَنْهُ دَيْنُهُ }

Wir saßen mit dem Gesandten Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam), als er seinen Kopf zum Himmel hob, seine Handfläche auf seine Stirn legte und sagte: “Subhaan-Allah! Welch strenge Angelegenheit wurde mir offenbart!” Wir blieben leise und fürchteten uns. Am folgenden Morgen fragte ich ihn: „O Gesandter Allahs, welches ist die strenge Angelegenheit, die dir offenbart wurde?“ Er sagte: “Bei demjenigen, in Dessen Hand meine Seele liegt, wenn ein Mann in einer Schlacht für die Sache Allahs getötet würde, dann ins Leben zurück gebracht würde, dann wieder getötet würde, dann wieder ins Leben zurück gebracht würde und wieder getötet würde und er hätte eine Schuld, würde er nicht das Paradies betreten, bis seine Schuld abbezahlt wird.“ (Als Hasan von al-Albani in Sahih al-Nasaa’i (4367) eingestuft.)

Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) weigerte sich, das Totengebet für jemanden zu verrichten, welcher starb und zwei Dinar schuldete, bis Abu Qataadah (radiAllahu anhu) versprach, sie für ihn zu begleichen. Als er ihn am folgenden Tag sah und sagte: „Ich habe die Schuld (für den Toten) beglichen”, antwortete der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam):

{الْآنَ بَرَدَتْ عَلَيْهِ جِلْدُهُ}

„Jetzt wurde seine Haut kühl für ihn.” (Musnad Ahmad (3/629); als Hasan von al-Nawawi in al-Khalaasah (2/931) und von Ibn Muflih in al-Adaab al-Shar’iyyah (1/104) eingestuft.)

Al-Haafiz Ibn Hajar (radiAllahu anhu) sagte in ‚Fath al-Baari‘ (4/547): „Dieser Hadith zeigt an wie schwierig die Angelegenheit mit Schulden ist und dass sie nicht unternommen werden sollte, außer in Fällen der Notwendigkeit.“

Es wurde von Thauban (radiAllahu anhu) berichtet, dass der Gesandte Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte:
{مَنْ مَاتَ وَهُوَ بَرِيءٌ مِنْ ثَلَاثٍ : الْكِبْرِ وَالْغُلُولِ وَالدَّيْنِ ، دَخَلَ الْجَنَّةَ}

„Wer immer frei von drei Dingen stirbt – Arroganz (Al-Kibr), Betrug (Al-Ghulaal) und Schulden (Ad-Dayn) – wird das Paradies betreten.” (Berichtet bei al-Tirmidhi (1572); als Sahih von al-Albani in Sahih al-Tirmidhi eingestuft.)

Es wurde von Abu Hurayra (radiAllahu anhu) berichtet, dass der Gesandte Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte:
{نَفْسُ الْمُؤْمِنِ مُعَلَّقَةٌ بِدَيْنِهِ حَتَّى يُقْضَى عَنْهُ}

„Die Seele des Mu‘min wird wegen seiner Schulden vorübergehend ausgesetzt, bis diese beglichen werden.” (Berichtet bei al-Tirmidhi (1078))

Al-Mubaarakfuuri sagte in Tuhfat al-Ahwadhi (4/164): „Die Worte ‚die Seele des Mu‘min wird vorübergehend ausgesetzt‘ – al-Suyuti sagte: ‚d.h. sie wird aufgehängt und davor bewahrt, ihre noble Bestimmung zu erreichen.‘ Al-‘Iraaqi sagte: ‚d.h. kein Urteil wird gefällt, bezüglich ob sie gerettet oder verdammt sein wird, bis ermittelt werden kann, ob ihre Schulden bezahlt werden oder nicht.‘“

Es wurde von Umar ibn al-Khattab (radiAllahu anhu) berichtet:
{إِيَّاكُمْ وَالدَّيْنَ فَإِنَّ أَوَّلَهُ هَمٌّ وَآخِرَهُ حَرْبٌ}

„Hüte dich vor Schulden, denn sie beginnen mit Sorgen und enden mit Krieg.“ (Berichtet bei Maalik in al-Muwatta’ (2/770))

In ‚Musannaf ‘Abd al-Razzaaq‘ (3/57) heißt es: Ibn ‘Umar (radiAllahu anhu) sagte:
{يا حمران ! اتق الله ولا تمت وعليك دين ، فيؤخذ من حسناتك ، لا دينار ثَمَّ ولا درهم}

„Oh Humran, fürchte Allah und sterbe nicht mit Schulden, damit sie nicht deine guten Taten schmälern, wenn es keine Dinar und Dirham mehr geben wird.“

 

Negative Konsequenzen zu denen Schulden führen, auf individueller und gesellschaftlicher Ebene

Al-Qurtubi sagte in ‚Al-Jaami’ li Ahkaam al-Qur’aan‘ (3/417): „Unsere Gelehrten sagten: Sie (Schulden) sind eine Schande und Erniedrigung, weil sie den Verstand beschäftigen und einem Kummer bereiten wegen der Rückzahlung, und sie geben einem das Gefühl der Demütigung vor dem Gläubiger, wenn man ihn trifft und das Gefühl hat, dass er einem einen Gefallen tut, wenn er einen Aufschub bei der Bezahlung gewährt. Vielleicht verspricht sich der Schuldner selbst, dass er sie zurückzahlen wird, und dann wird er das Versprechen brechen, oder er spricht mit dem Gläubiger und belügt ihn oder er schwört ihm und bricht den Schwur dann usw. Was noch schlimmer ist, er könnte sterben, ohne seine Schulden beglichen zu haben, so dass er als Geisel gehalten wird, wie der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte:
{نسمة المؤمن مرتهنة في قبره بدينه حتى يقضى عنه}

‚Die Seele des Gläubigen wird von ihren Schulden im Grab als Geisel gehalten, bis diese abbezahlt werden.‘ (Berichtet bei al-Tirmidhi (1078))“

Ibn ‘Abd al-Barr sagte in al-Tamhid (23/238): „Die Schulden, für die eine Person vom Paradies ferngehalten wird – und Allah weiß es am besten – sind die, für die er genug hinterlässt, um sie zu begleichen, aber er hinterließ keine Anweisungen dazu, oder er war fähig sie zurück zu zahlen, aber tat es nicht, oder er nahm die Schuld für eine illegitime oder extravagante Angelegenheit und starb, ohne sie beglichen zu haben. Was denjenigen betrifft, welcher ein Darlehen für etwas Erlaubtes nahm, weil er arm war und er starb, ohne etwas zu hinterlassen, womit man es begleichen könnte, so wird Allah ihn nicht vom Paradies fernhalten, inschaa‘Allah.“

Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte:
{مَنْ أَخَذَ أَمْوَالَ النَّاسِ يُرِيدُ أَدَاءَهَا أَدَّى اللَّهُ عَنْهُ ، وَمَنْ أَخَذَ يُرِيدُ إِتْلَافَهَا أَتْلَفَهُ اللَّهُ}

“Derjenige, welcher den Besitz der Menschen nimmt, während er die Absicht hegt, ihn zurück zu zahlen, so wird Allah es für ihn zurück zahlen und derjenige, welcher ihn nimmt, während er die Absicht hegt, ihn zu zerstören, den wird Allah zerstören.” (Berichtet bei al-Bukhari (2387))

 

Bittgebete aus der Sunnah, mit welchen man spezifisch Hilfe bei Allah sucht, um die Schulden abzuzahlen:

1.    Es wurde berichtet, dass Suhayl sagte: Abu Saalih erzählte uns gewöhnlich, wenn einer von uns schlafen gehen wollte, auf seiner rechten Seite zu liegen und zu sagen:

{اللَّهُمَّ رَبَّ السَّمَاوَاتِ وَرَبَّ الْأَرْضِ وَرَبَّ الْعَرْشِ الْعَظِيمِ رَبَّنَا وَرَبَّ كُلِّ شَيْءٍ فَالِقَ الْحَبِّ وَالنَّوَى وَمُنْزِلَ التَّوْرَاةِ وَالْإِنْجِيلِ وَالْفُرْقَانِ أَعُوذُ بِكَ مِنْ شَرِّ كُلِّ شَيْءٍ أَنْتَ آخِذٌ بِنَاصِيَتِهِ اللَّهُمَّ أَنْتَ الْأَوَّلُ فَلَيْسَ قَبْلَكَ شَيْءٌ وَأَنْتَ الْآخِرُ فَلَيْسَ بَعْدَكَ شَيْءٌ وَأَنْتَ الظَّاهِرُ فَلَيْسَ فَوْقَكَ شَيْءٌ وَأَنْتَ الْبَاطِنُ فَلَيْسَ دُونَكَ شَيْءٌ اقْضِ عَنَّا الدَّيْنَ وَأَغْنِنَا مِنْ الْفَقْرِ}

„Allaahumma Rabb As-samawaati wa’l-ard wa Rabb al-‘arsh il-‘adhiim, Rabbaanaa wa Rabba kulli schay’in, Faaliq al-habb wa’n-nawa wa munzil al-Tawraati wa’l-Injiili wa’l-Furqaan, a’uudhu bika min scharri kulli shay’in anta aakhidhun bi naasiyatihi. Allaahumma anta al-awwal fa laysa qablaka schay’un, wa anta-l-aakhir fa laysa ba’daka schay’un, wa anta-l-dhaahir fa laysa fawqaka schay’un wa anta-l-baatin fa laysa duunaka schay’un. Iqdi ‘annaa-d-dayna wa aghninaa min al-faqri.“

„O Allah, Herr der sieben Himmel und des erhobenen Thrones, unser Herr und Herr von allen Dingen, Spalter des Samens und des Dattelkerns, Offenbarer der Thora und des Evangeliums und des Furqan (Qur’aan), ich suche Zuflucht bei Dir vor dem Übel aller Dinge, Du hast über alles Macht. O Allah, Du bist Der Erste, so dass es nichts vor dir gab und Du bist Der Letzte, so dass es nichts nach Dir geben wird. Du Bist adh-Dhaahir so dass es nichts über Dir gibt, und Du bist al-Baatin so dass es nichts gibt, dass näher als Du ist. Tilge unsere Schulden für uns und bewahre uns vor der Armut.”
(Überliefert von Abu Hurayrah, über den Propheten (sallAllahu alayhi wa sallam). Berichtet bei Muslim (2713))

2.    Es wird überliefert von ‘Ali (radiAllahu anhu) dass ein Mukaatib (Sklave, welcher einen Vertrag zur Freilassung eingegangen ist) zu ihm kam und sagte: “Ich bin nicht in der Lage, meine Freilassung zu bezahlen, bitte hilf mir.“ Er sagte: “Soll ich dir nicht lieber einige Worte sagen, die mir der Gesandte Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam) beibrachte? Denn selbst wenn du Schulden hast, so viel wie der Berg Sier, so wird Allah sie für dich abbezahlen. Er sagte daraufhin: ‘Sag:

{اللَّهُمَّ اكْفِنِي بِحَلَالِكَ عَنْ حَرَامِكَ ، وَأَغْنِنِي بِفَضْلِكَ عَمَّنْ سِوَاكَ}

„Allaahumma-kfinii bi halaalika ‘an haraamika wa aghninii bi-fadlika ‘amman siwaaka.“

„O Allah, lass mein Genüge das sein, was Du erlaubt hast, damit ich nicht dessen bedarf, was Du verboten hast, und mache mich unabhängig von Mitteln durch deine Großzügigkeit, so dass ich niemanden brauche außer Dich.”
(Berichtet bei al-Tirmidhi (2563), welcher sagte: Dies ist ein Hasan-gharib Hadith. Es wurde als Hasan von al-Albani in Sahih al-Tirmidhi eingestuft.)

3.    Es wurde überliefert dass Abu Sa’id al-Khudri (radiAllahu anhu) sagte: Der Gesandte Allahs (sallAllahu alayhi wa sallam) trat in die Moschee und sah einen Ansari, dessen Name Abu Umaamah war. Er sagte: “O Abu Umaamah, warum sehe ich dich in der Moschee sitzen, obwohl es noch keine Zeit für das Gebet ist? Er antwortete: “Sorgen und Schulden, o Gesandter Allahs”. Der Prophet (sallAllahu alayhi wa sallam) sagte: “Soll ich dir nicht einige Worte beibringen, mit denen, wenn du sie sagst, Allah deine Sorgen wegnehmen und deine Schulden bezahlen wird?” Er antwortete: „Ja, Oh Gesandter Allahs“. Er sagte dann: „Sage morgens und abends {أَصْبَحْتَ وَإِذَا أَمْسَيْتَ}:

{اللَّهُمَّ إِنِّي أَعُوذُ بِكَ مِنْ الْهَمِّ وَالْحَزَنِ ، وَأَعُوذُ بِكَ مِنْ الْعَجْزِ وَالْكَسَلِ ، وَأَعُوذُ بِكَ مِنْ الْجُبْنِ وَالْبُخْلِ ، وَأَعُوذُ بِكَ مِنْ غَلَبَةِ الدَّيْنِ وَقَهْرِ الرِّجَالِ}

„Allaahumma inni a’uudhu bika min al-hammi wa’l-hazani, wa a’uudhi bika min al-‘ajzi wa’l-kasali, wa a’uudhu bika min al-jubni wa’l-bukhli, wa a’uudhi bika min ghalabat il-dayn wa qahri-r-rijaal.“

„O Allah, ich suche Zuflucht bei Dir vor Sorgen und Trauer, und ich suche Zuflucht bei Dir vor Unfähigkeit und Faulheit, und ich suche Zuflucht bei Dir vor Feigheit und Geiz, und ich suche Zuflucht bei Dir davor schwer in Schulden zu stecken und von Menschen überwältigt zu werden.”

Er sagte: „Ich tat dies, und Allah nahm meine Sorgen weg und bezahlte meine Schulden.“
(Berichtet bei Abu Dawud (1555). Sein Isnad beinhaltet Ghassaan ibn ‘Awf; al-Dhahabi sagte: er ist nicht stark. Deshalb stufte Shaikh al-Albani den Hadith als schwach in Da’iif Abi Dawud ein. Aber das erwähnte Du’aa – „Allaahumma inni a’uudhu bika min al-hammi wa’l-hazani…” – wurde in dem Bericht von al-Sahihayn bewiesen, in einem anderen Bericht als dieser Geschichte von Abu Umaamah.