Frage an Islam Fatwa:

Bei Ratenzahlungen und Finanzierungen gibt es Angebote mit sogenannter 0%-Finanzierung, wo bei der monatlichen Zahlung kein Aufpreis mit Zins verlangt wird. Liest man jedoch die Klauseln, so ist die Rede von Verzugszins bei Zahlungsverzug oder andere Gebühren, wie Mahngebühren, festgelegt. Ist es erlaubt (halal) eine Ware unter solchem Vertrag zu kaufen?

Regelungen der Verzugszinsen laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam.

Quelle: § 288 Bürgerliches Gesetzbuch

Verzugszinsen bei 0%-Finanzierung:

Bei Ratenverzug kann der Kreditgeber auch bei einer bis dahin zinslosen Finanzierung Verzugszinsen und ggf. weitere anfallende Verzugskosten berechnen.

Quelle: Verbraucherzentrale.de, Artikel "Rechtliche Ansprüche der Kreditnehmer" - Stand: 

Anmerkung: Dieses Zins-Recht, das das Deutsche BGB dem Gläubiger einräumt, findet nahezu bei jeder Ratenzahlung/Finanzierung Anwendung, die man beim Kauf einer Ware tätigt. Gemäß Absatz 6 werden Klauseln in Verträgen oder Vereinbarungen, die Verzugszinsen ausschließen, sogar als unwirksam erklärt.


Islamisches Urteil über Finanzierung / Ratenzahlung, die Verzugszinsen beinhalten

Das Ständige Komitee sagte:

Es ist unzulässig, zusätzliche Gebühren auf Schulden hinzuzufügen, wenn der Schuldner im Verzug ist, die Raten zu zahlen. Denn dies ist Riba (Wucher / Zinsen) aus der Jahiliyyah (vorislamischen Zeit der Unwissenheit), den Allah und Sein Gesandter (sallallahu alayhi wa sallam) verboten haben, und gemäß dem Konsens der Muslime haram ist.

Allah (ta'aala) sagt:

{وَإِن كَانَ ذُو عُسْرَةٍ فَنَظِرَةٌ إِلَىٰ مَيْسَرَةٍ ۚ وَأَن تَصَدَّقُوا خَيْرٌ لَّكُمْ ۖ إِن كُنتُمْ تَعْلَمُونَ}
„Wenn jemand in Schwierigkeiten ist, dann gewährt ihm Aufschub, bis (bei ihm) eine Erleichterung (eintritt). Und dass ihr (es) als Almosen erlaßt, so ist es besser für euch, wenn ihr es nur wüßtet.” (Surah al-Baqarah 2:280)

Quelle: Fataawa des Ständigen Komitees Gruppe 2, Band 11, Seite 50, Kapitel über Handel, Nr. 20847


Frage:

Der Definition nach bedeutet Ribaa an-Nasiiah (ربا النسيئة): Mehrbetrag für den Zahlungsverzug (auch Verzugszins oder Schadensersatz bei Verzug). Inwieweit ist diese Transaktion auf die Saatgut- und Autofinanzierung (Ratenzahlung) anwendbar, als alternative für zinsloses Darlehen (auch bekannt als 0% Finanzierung)?

Antwort:

„Ar-Riba” ist, dass man eine Sache gegen das Gleiche (aber zusätzlich) mit Zuschuss eintauscht; dies ist „Ribaa al-Fadl” (ربا الفضل), wie z.B. Tauschen einer Maßeinheit (Saa’a) gegen zwei Maßeinheiten der gleichen Sache, oder eines Dirhams für zwei Dirham, egal ob (diese Transaktion) sofort oder zeitversetzt (erfolgt). Wenn es sich um (das Tauschen von) Schulden gegen Schulden handelt, so beinhaltet es beides: Ribaa al-Fadl und Ribaa an-Nasiiah. Wenn man Geld mit mehr (gleichwertigem) Geld kauft, so ist es Ribaa al-Fadl, egal ob man es sofort oder später bezahlt.

Was die Angelegenheit des Tawarruq[1] angeht, so ist es nicht eine dieser (o.g.) Arten, da es das Kaufen einer Ware von einer Person auf Zahlung mit festgesetzter Frist ist, die man am selben Tag, oder danach an jemand anderen verkauft. Diesbezüglich (bzgl. Tawarruq) ist die korrekte Meinung gemäß der allgemeinen Beweise, dass es erlaubt ist. Und dies als Entlastung, Erleichterung und Beseitigung der gegenwärtigen Bedürfnisse.

Hingegen ist das Verkaufen einer Ware an denjenigen, von dem sie gekauft wurde, nicht zulässig. Vielmehr ist es eine der verbotenen Ribaa-basierten Transaktionen, welche als die Angelegenheit des ‘Inah[2] (العينة) genannt wird, da dies als eine Art von Täuschung angesehen wird, um mit Ribaa zu handeln. Es ist das Einhandeln von ähnlichen Dingen für einen Mehrbetrag, sei es zeitversetzt oder (sofort) in Bar.

Aber es liegt kein Problem an Tawarruq, wie bereits erwähnt, dass eine Person eine Ware wie Lebensmittel, ein Auto, eine Landfläche oder andere Dinge gegen Bares Geld für eine feste Laufzeit kauft, und es dann an jemand anderen gegen Bargeld verkauft, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen, wie Ehe usw.

Scheich Abdulaziz ibn Baz, rahimahullah

Quelle: Nuur ‘alaa ad-Darb, Frage 138, Sammlung an Fatawa und Artikeln von Scheich Ibn Baz 19/245


[1] Das Ständige Komitee sagte: „Die Angelegenheit des Tawarruq ist, dass eine Ware mit Zahlungsaufschub gekauft, und dann an einen Dritten weiterverkauft wird (bevor die Ware ausgezahlt ist), um von dessen Preis zu profitieren. Dies ist gemäß der Mehrheit der Gelehrten erlaubt.” (Fataawa des Ständigen Komitees, Dritte Frage der Fatwa Nr. 19297)

Anmerkung: Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Verkauf einer Ware, die man nicht gekauft und nicht im Besitz hat. Siehe: Verkaufen einer Ware, die man nicht besitzt

[2] Siehe: Rückkauf einer Ware für geringeren Preis vom Käufer ('Iinah)