Frage:
Wir hoffen, dass Sie uns bezüglich dem Bluten erklären, ob es die rituelle Waschung (Wudu) ungültig macht oder nicht?

Antwort:
Wir kennen keinen Beweis aus der Scharia, der darauf hinweist, dass das Austreten von Blut aus irgendeinem Teil des Körpers, mit Ausnahme der Vagina, die rituelle Gebetswaschung (Wudu) ungültig macht. Der Grund dafür ist, dass Blut/bluten nicht zu den Dingen gehört, die die Wudu ungültig machen. Die Grundlage für die Ibadaat (gottesdienstliche Handlungen) ist festgelegt, daher ist es für niemanden erlaubt eine Ibaadah zu billigen (oder zu verbieten), es sei denn, es gibt einen Beweis dafür.

Einige Gelehrte sind jedoch der Ansicht, dass (auch) übermäßiges Bluten (an anderen Körperteilen) außerhalb der Vagina, wie aus der Nase, die Wudu ungültig macht. Demgemäß ist es besser, wenn solch eine Person als Vorsichtsmaßnahme Wudu verrichtet, um der Meinungsverschiedenheit der Gelehrten aus dem Weg zu gehen; Gemäß der Aussage des Propheten (sallallahu alayhi wa sallam):

{دع ما يريبك إلى ما لا يريبك.}

„Verlasse das, was in dir Zweifel hervorruft für das, was in dir keine Zweifel hervorruft.“

Und von Allah ist der Erfolg. Mögen Allahs Salaah und der Salaam auf unserem Propheten, seiner Familie und seinen Gefährten sein.


Das Ständige Komitee für wissenschaftliche Forschung und Rechtsfragen
(`Abdullah ibn Qa`ud, `Abdullah ibn Ghudayyan, `Abdul-Razzaq `Afify, `Abdul-`Aziz Bin Baz)

Fataawa des Ständigen Komitees > Gruppe 1> Band 5, Seite 282: Fiqh> Taharah> Kapitel über die Aufhebungen des Wudu'> Zweite Frage der Fatwa Nr. 2461


[1] An-Nasaa’ii, Band 8, S. 328; At-Tirmidhii (Tuhfat-ul-Ahwadhii), Band 7, S. 221; Al-Haakim, Band 2, S. 13, und Band 4, S. 99.


Beweiserbringung, dass das Bluten die Gebetswaschung (Wudu) nicht ungültig macht

Teil 4 des Artikels „Das Aufspalten in Gruppen und Sekten“, von Schaykh Muhammad Naasir-ud-Diin al-Albaani (gest. 1420 n.H.), rahimahullaah. Hier erklärt der Schaykh ein weiteres spezifisches Beispiel von klassischen Abweichungen.

[…] Lasst mich euch ein weiteres Beispiel geben, und ich werde unser Gespräch mit diesem zusammenfassen. Ich bringe nur deshalb so viele Beispiele hier, wegen der Wichtigkeit dieser Pointe, weil ich sie selten in den Büchern der Gelehrten deutlich und ausführlich erklärt gefunden habe. Im ‚Musnad‘ von Imaam Ahmad, dem ‚Mustadrak‘ von Al-Haakim, dem ‚Sunan‘ von Al-Bayhaqii, und anderen Büchern der Sunnah gibt es einen weiteren Bericht von Jaabir (radiya-llahu anhu) worin er sagte: „Wir waren mit dem Propheten (sallallahu ‘alayhi wa sallam) während einer Schlacht aus, als wir eine Frau von den Polytheisten töteten…”

Hier muss ich eine Randbemerkung abgeben und ich hoffe, sie wird sehr kurz gehalten: Dieser Hadith widerspricht sich nicht mit der Überlieferung, in welcher der Prophet (sallallahu ‘alayhi wa sallam) das Töten von Frauen und Kindern verbietet [1]. Dies deshalb weil das Verbot seinen richtigen Platz hat und weil das Töten, welches hier im Hadith von Jaabir erwähnt wird, einen anderen Platz hat. Das Verbot bezieht sich auf Frauen, die nicht an einer Schlacht auf dem Schlachtfeld gegen die Muslime teilnehmen. Dies bezieht sich auch auf Kinder, da sie ebenso kein Teil der kämpfenden Armee sind.

Lasst uns zurück zu Jaabir’s Überlieferung gehen: „als wir eine Frau von den Polytheisten töteten” bedeutet: von denjenigen, die kämpften. Er fährt fort „und ihr Ehemann war nicht anwesend. Als er zurück kam und darüber informiert wurde, was geschehen war, schwor er, das Dorf nicht eher zu betreten, als bis er Rache an den Gefährten des Gesandten Allahs (sallallahu ‘alayhi wa sallam) für ihren Tod genommen hat. Er folgte daher den Fußstapfen der Gefährten, bis er sie ausfindig machte…”.

Es ist wohlbekannt, dass die Araber wussten, wie man Menschen gekonnt aufspürt, indem man ihrer Fährte folgt. Sie besaßen dieses Geschick nach Fußspuren zu fahnden; tatsächlich führte es sie dazu das Versteck des Propheten (sallallahu ‘alayhi wa sallam) in der Höhle am Tage seiner Hijrah von Makkah nach Al-Madiinah ausfindig zu machen. Es waren seine Fußspuren, die sie dazu brachten, seinen Aufenthaltsort zu finden, als seine Fußspuren verschwanden. Aber Allah ließ ihre Sicht erblinden, so dass sie den Gesandten Allahs und seinen Gefährten nicht in der Höhle sehen konnten.
Als sein Gefährte (Abuu Bakr As-Siddiiq) die Füße der Polytheisten sah, bekam er Angst, jedoch nicht wegen seiner eigenen Person, sondern des Propheten (sallallahu ‘alayhi wa sallam) wegen. So sagte er (sallallahu ‘alayhi wa sallam): „Sei nicht bekümmert, denn wahrlich, Allah ist mit uns.“

An dieser Stelle muss etwas dazu gesagt werden, was in manchen Büchern des Hadiith zu finden ist, als auch in Büchern der Siirah, von wegen dass die Kuffaar der Quraysch, nachdem sie ihre Flüchtenden (d.h. den Propheten und Abuu Bakr) in der Höhle aufgespürt hatten, ein Nest, welches eine Taube am Eingang der Höhle angebracht hatte und eine Spinne, die ein Netz gesponnen hatte, sahen, so dass sie angeblich sagten: „Es ist nicht möglich, dass sich irgendjemand in dieser Höhle aufhält“ und dann abrückten.
Dies ist nicht authentisch. Was die Kette dieses Hadiith anbelangt, so ist sie nicht authentisch. Allerdings gibt es eine starke, authentische Überlieferung, die aussagt, dass Allaah, der Allmächtige und Majestätische, einem Engel aufgetragen hatte, seine Flügel über dem Höhleneingang auszubreiten, so dass sie sie (die Flüchtenden) nicht sehen konnten.

Lasst uns zu unserem Hadiith über den Polytheisten zurückkehren, welcher die Armee verfolgte, die im Dorf Krieg führte. Er erreichte ihren Ort der Rast für die Nacht, welcher in einem Tal gelegen war. So wie es die Art des Propheten war, sein Militär zu organisieren, sagte er (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) zu seinen Gefährten: „Wer wird heute Nacht Wache stehen?” So standen zwei junge Männer von den Ansaar (den Helfern aus Madiinah) auf, einer vom Stamme der Al-Aus, der andere von den Al-Khazraj. Sie sagten: „Wir werden es tun, oh Gesandter Allaahs!“ Er (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) sagte zu ihnen: „Nehmt eure Plätze an den Eingängen des Bergdurchganges ein.” Somit machten sie sich auf den Weg. Der Polytheist beobachtete sie von weitem, darauf wartend seinen Schwur einzulösen, um seine Frau zu rächen. Als sie bei ihrem Posten anlangten, dem Ort, wo sie über die schlafende Armee wachen sollten, beschlossen die beiden, die Schicht aufzuteilen. Der eine der beiden würde die Hälfte der Nacht Wache stehen, während der andere schlief und danach würden sie tauschen.
So kam dem ersten, der wache hielt, eine Idee und er entschloss sich dazu, zwei Formen der Anbetung in einer Zeit zu verbinden – die Anbetung der Bewachung der muslimischen Armee und die Anbetung des Gebetes in der Stille der Nacht. Also begann er zu beten. Dies war die Gelegenheit für den Polytheisten, welcher sich hinter einem Felsen versteckte. Er warf einen Speer auf den betenden Wachen, diesen in sein Bein platzierend. Der Gefährte entfernte lediglich den Speer aus seinem Bein und warf ihn auf den Boden, und das Blut begann an seinem Bein herunter zu strömen. Als der Polytheist sah, dass sein Angriffsziel nicht aufhörte zu stehen, lies ihn dies natürlich wissen, dass er noch lebte, so traf er ihn mit einem weiteren Speer in sein Bein. Dann stach er ihn ein weiteres Mal; insgesamt drei Speere trafen sein Ziel.
Gemäß Jaabir’s exakter Benutzung von Worten, als er sagte, dass er den Speer in sein Bein „platzierte“ {وَضَعَ} und „platzieren“ wird normalerweise mit der Hand getan. Er benutzte dieses Wort um die Präzision der herausgefundenen (Speer)würfe zu betonen, als ob er die Speere direkt manuell in ihm platzierte (, ohne sie zu werfen).
Und selbst bei all dem fuhr der Gefährte damit fort, sein Gebet zu verrichten, ohne es zu unterbrechen, während das Blut aus ihm heraus strömte. Er vervollständigte zwei Rak‘ataan. Dann weckte er entweder seinen Gefährten auf oder dieser wachte von selber auf. Als sein Gefährte das Blut sah, erkundigte er sich darüber und fragte ihn, wie es verursacht wurde. Er antwortete: „Ich schwöre bei Demjenigen, in Dessen Hand meine Seele ist, wahrlich, ich war in der Mitte einer Suurah und wenn ich nicht gefürchtet hätte, in meiner Pflicht der Bewachung der Passage, die der Gesandte Allaahs mir aufgetragen hatte, zu scheitern, dann wäre ich immer noch dabei, es (die Suurah) zu lesen.” Bedeutet, dass er sich während des Betens daran erinnerte, dass es seine Pflicht war, über die schlafende Armee zu wachen, eine Pflicht, die der Gesandte (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) ihm aufgetragen hatte.
Wenn er also mit seinem Gebet fortgefahren hätte, die Süße seiner privaten Unterhaltung vor Allaah ihn (weiter im Gebet) aufgehalten hätte, hätte der Polytheist damit fortgefahren ihn zu schlagen und ihn dann vielleicht während dieses Gebets getötet, wodurch er (der Gefährte) dann seine Pflicht nicht erfüllt hätte, und somit möglicherweise dem Feind erlaubt hätte, die Muslime anzugreifen. Aus diesem Grund gab er sich mit nur zwei Rak‘ataan als Gebet zufrieden. Er tat es nicht, weil er um sein eigenes Leben fürchtete - nein! Er tat es nur, weil er die Zerstörung seiner Gefährten fürchtete, die seinem Tod gefolgt wären, da die Feinde dann in der Lage gewesen wären, sie wegen seinem Versagen anzugreifen.

Wir haben das Ende dieser Geschichte erreicht. Der Anhaltspunkt davon ist das manche der Imame diese Geschichte als Beweis benutzen, dass Wudu (kleine rituelle Waschung) nicht durch Bluten gebrochen wird, und das zu Recht. Denn, wenn Wudu durch Bluten gebrochen werden würde, dann wäre dieser Mann nicht mit seinem Gebet fortgefahren. Diejenigen, die ihnen widersprechen, sagen, dass dies lediglich seine persönliche Handlung gewesen war. Diejenigen, die dies wiederlegen sagen: „Ja, aber dies war ein Mann von den Gefährten des Gesandten Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam).” Woraufhin sie antworten: „Es gibt nichts im Hadiith, das darauf hinweist, dass der Gesandte Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) irgend etwas davon wusste.”

Wir antworten ihnen mit zwei Dingen und es gibt für sie eine Antwort in der Geschichte von Mu’aath (radiya-llaahu anhu), die vorangegangen war. Aber es gibt etwas Stärkeres als das in diesen (folgenden) zwei Antworten:
1. Diesem Mann wurde eine Pflicht vom Gesandten Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) aufgetragen. Er erlitt diese Verletzungen in solch einer Situation, während der Anbetung, seine gute Tatkraft beibehaltend. Ist es für den Befehlshaber der Armee möglich, unwissend über solch ein Geschehnis zu bleiben, ist dies für irgendeinen Befehlshaber möglich? Wenn nicht, wie dann erst wenn dieser Befehlshaber der Gesandte Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) war? Es ist extrem, extrem unwahrscheinlich, dass dies ohne das Wissen des Gesandten Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) passiert ist.

Deshalb ist die korrekte Ansicht hier, dass der Gesandte Allahs (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) sich dieses Geschehens gewahr war. Darauf basierend, wenn Bluten etwas wäre, das Wudu‘ bricht, dann hätte er (sallallaahu ‘alayhi wa sallam) es mit Sicherheit klar gemacht. Wie aus den Fundamenten des Fiqh wohlbekannt ist: „Es war (dem Gesandten) nicht erlaubt, die Klarstellung (einer Angelegenheit) über die Zeit der Notwendigkeit hinaus zu verzögern.”

Schaykh Naasir-ud-Diin Al-Albaani, rahimahullaah

Silsilat-ul-Hudaa wa-n-Nuur, Aufnahme Nr. 602
 
[1] Al-Bukhari (2/251), Muslim (5/144), Abu Dawud (Nr. 2668), Ibn Maajah (Nr. 2841), At-Tirmithi (1/297), und andere über ‘Abdullaah ibn ’Umar, radiya-llaahu anh.